Elternkreis Rostock

Vorstellung

Arbeitsweise

Wir sind Eltern und Angehörige von Kindern, Jugendlichen bzw. jungen Erwachsenen, die ein akutes Drogenproblem haben bzw. gefährdet sind, in eine Sucht abzurutschen oder aber trotz Bewältigung der Sucht noch immer an den Spätfolgen leiden. Unsere Kinder sind im Schnitt zwischen 12 und 40 Jahre alt, wohnen im familiären Umfeld, in Wohngruppen oder sind obdachlos. Hauptsächlich steht der Konsum von Cannabis/ Marihuana im Fokus, weiterhin Alkoholmissbrauch, oft Mischkonsum mit diversen anderen Drogen, kombiniert mit weiteren Süchten z. B. Spielsucht. Neben Leistungsabfall, sozialem Rückzug und Wesensveränderungen sind unsere Kinder häufig in Kontakt mit Kriminalität gekommen, wie z. B. Diebstahl, Drogenhandel oder auch Prostitution. Viele Kinder haben enorme Schuldenberge angehäuft. Einige Eltern haben ihre Kinder durch Suizid verloren. Weitere Eltern leiden unter jahrelangen Kontaktabbrüchen bzw. das Fehlen jeglicher Lebenszeichen der Kinder.

Hervorgegangen aus einer von der Caritas fachlich angeleiteten Gruppe, die 1996 gegründet wurde, sind wir seit einigen Jahren eine reine Selbsthilfegruppe. Dieser Übergang war für uns Betroffene eine herausfordernde Zeit, jedoch ist der Bestand der Gruppe durch beispielhaften Einsatz der Mitglieder und die Möglichkeit, im Bedarfs- und Krisenfall fachliche Unterstützung durch Mitarbeiter der Caritas einzuholen, gesichert. Unsere Gruppe besteht im Mittel aus 14 Mitgliedern. Zu den Terminen kommen zwischen 5 und 10 Teilnehmer. Wir sind eine offene Gruppe, d.h. wir begrüßen neue betroffene, ratsuchende Eltern genauso wie interessierte Besucher. Über die Jahre beenden einige Eltern ihre Teilnahme, vor allem, wenn das Problem sich gelöst hat, andere Eltern bleiben über die bewältigte Sucht der Kinder hinaus als aktive Mitglieder dem Elternkreis verbunden. So erreichen wir eine breite Elternschaft in Rostock und Umgebung.

Ein pflichtgemäßes Erscheinen bei den Gruppenrunden gibt es nicht, jedoch sorgen wir für feste Termingestaltung und dafür, dass neue Eltern mit akuten Problemen in einer kompetenten Runde jederzeit und vorrangig Gehör finden. Eine regelmäßige Teilnahme ist empfehlenswert, da aktive Hilfe für Suchtkranke ein Prozess ist, der nicht nach einem 10-Punkte-Plan abgearbeitet werden kann.

Neue Eltern sind manchmal schockiert von der Vielfalt und Härte der geschilderten Biographien. Hier ist es ganz wichtig, ihnen einen differenzierten Blick zu ermöglichen, sie nicht schon am Anfang zu überfordern, sie vielmehr zu ermutigen, unseren Ansatz mit uns zu diskutieren. In Abständen reflektieren wir die Gruppenarbeit, so dass wir stetig zu einer qualitativ besseren, konstruktiven Arbeit kommen. Der partizipative Ansatz in unserer Gruppe ist enorm wichtig, er stärkt die Auseinandersetzung jedes Einzelnen mit dem Thema und sein Aktivitätsbestreben, für das Kind hilfreich zu agieren. Dabei darf der Blick auf sich selbst nicht verloren werden, denn nur wer gut auf sich selbst achtet, schafft es, Kräfte und Einsichten zu bündeln.

Helfen durch Nicht-Helfen und Co- Abhängigkeit:

Die Suchterkrankung unterscheidet sich von anderen Krankheiten deutlich dadurch, dass der Abhängige sein gestörtes Lebensgefühl und seinen gesundheitsstörenden und persönlichkeitsverändernden Zustand oft hartnäckig vor sich und anderen leugnet. In erster Linie geht es also darum, den Suchtkranken seine Abhängigkeit erkennen zu lassen und unter dem Druck der Ausweglosigkeit seiner Situation bzw. durch Abwägen von Positivem und Negativem seines Drogenkonsums überhaupt eine Therapiebereitschaft zu entwickeln. An dieser Stelle setzt die Hilfe von uns Eltern/ Angehörigen an. Wir lernen, die gewohnte Haltung des Bewahrens und das Abwenden von Schäden bei den Kindern aufzugeben. Es klingt zunächst paradox, jedoch erkennen wir, wo wir uns in der Vergangenheit nur zum Gehilfen der Sucht der Kinder gemacht haben. Diese Co-Abhängigkeit gilt es zu durchbrechen. Das „normale“ Elternkümmern, wie Begleichen von Schulden, Koordinieren von Terminen, das Wegbereiten für den Schulabschluss, das Vertuschen der Drogensucht in der Familie, das Dulden von Drogen in der gemeinsamen Wohnung…. dies sind nur einige Beispiele, die zur Verlängerung der Sucht beitragen. Wir beginnen, uns von der Sucht bzw. der Droge zu distanzieren, jedoch nicht von unserem Kind!!! Obwohl die Umwelt es anders von uns Eltern erwartet, beginnt hier die enorme Gratwanderung, sich stark zu machen mit seinem nun veränderten Verständnis von Hilfe. Jetzt heißt es, Regeln aufzustellen, Konsequenzen nicht nur anzudrohen, sondern durchzusetzen.

Unsere Hilfe ist auch bei der Nachsorge und Wiedereingliederung ins (Berufs)Leben von Nöten. Damit machen wir unser Kind stark, sein Leben selbst in die Hand zu nehmen und die entscheidende Wendung einzuleiten.

Rückfälle als Chance:

Rückfälle werten wir im Elternkreis als Chance bzw. notwendigen Umweg. Hier bieten wir den nötigen Halt, damit die Kinder noch einmal neu reflektieren, was bisher hilfreich war oder anders angegangen werden muss.

Auch Eltern sind vor Rückfällen in die Co-Abhängigkeit nicht geschützt. Im Elternkreis ergründen wir behutsam, an welcher Stelle wir bereits wieder entlastend oder überbehütend für unsere Kinder auftreten. Manchmal geht auch nicht alles auf einmal umzusetzen und auszuhalten, das individuelle Wohl/ der Wunsch des einzelnen Elternteils muss ebenfalls Berücksichtigung finden. Viele Mitglieder, deren Kinder bereits jahrelang drogenfrei leben, verarbeiten im Elternkreis schwelende Ängste vor Rückfällen und wollen sich einen sensiblen Blick auf mit der Droge zusammenhängende Probleme und Spätfolgen bewahren.

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